Ostern kommt jedes Jahr mit der gleichen guten Nachricht. Die Frage ist nur, ob wir die überhaupt richtig verstanden haben…
Die Geschichte des Osterfestes ist eine der seltsamsten Geschichten, die es gibt, gerade, weil sie Jahrhunderte später immer noch gefeiert wird. Kein Wunder, dass auch dem Handel nichts Besseres eingefallen ist, als flauschigen Hasen die Aufgabe zu geben, bunte Eier anzumalen und in der Gegend zu verstecken, damit Kinder eine Beschäftigung haben, während Erwachsene ihre Feiertage genießen. Für die meisten ist es genauso unmöglich, dass Jesus von den Toten auferstanden ist, wie dass es den Osterhasen gibt.
Ehrlich gesagt, ist das nachvollziehbar. Doch das Problem ist nicht, das Ostergeschehen komisch zu finden, sondern wenn wir versuchen wollen, es verständlich zu machen. Die Jünger Jesu waren live dabei und verstanden nicht, was passierte, obwohl Jesus alles vorher andeutete und hinterher noch eine Zeit auf der Erde blieb, um es ihnen zu erklären. Wie könnten wir dann, Jahrhunderte später, aus einer völlig anderen Kultur und Zeit, auch nur annähernd verstehen, was passiert ist, erst recht, wenn auch noch Gott im Spiel ist, der oft für Menschen unverständliche Dinge tut?
Das ist genau der Punkt: Ostern darf und muss nicht verständlich und greifbar gemacht werden, denn gerade dieses für Menschen unlogische und unmögliche Geschehen ist das, was die Welt radikal veränderte. Ostern will nicht aufrufen, zu verstehen, sondern zu glauben.
Ostern ist nicht nur der Karfreitag nach dem Motto „du bist böse, deswegen musste Jesus für dich sterben“, genauso wenig ist Ostern nur die Auferstehung als „jetzt ist alles gut, die Geschichte hat ein Happy End“. Beides ist gleich wichtig und gehört untrennbar zusammen, es kann nicht das eine betont und das andere nur als Ergänzung betrachtet werden.
Wenn Jesus tot geblieben wäre, wäre er einfach ein weiterer Lehrer seiner Zeit gewesen, der vielleicht ein bisschen tollere Sachen konnte als andere. Und eine Auferstehung ist wenig sinnvoll, wenn die Person vorher nicht gestorben ist, denn das wäre höchstens ein tiefer Schlaf oder ein Koma, also nichts Beeindruckendes. Damit das Geschehen zu einer bahnbrechenden Botschaft werden konnte, musste Jesus sterben und auferstehen. Das Kreuz ist nicht der Höhepunkt der Geschichte und auch die Auferstehung ist es nicht, denn beides zusammen ist der Wendepunkt für die ewige Geschichte Gottes mit den Menschen.
In der Kirche verwendet man für die drei Tage vom Abend des letzten Abendmahls bis zum Ostermorgen das lateinische Wort „Triduum“. Diese drei Tage gehören nicht nur in der Liturgie untrennbar zusammen, sondern auch im Leben eines jeden Christen, denn eines geht nicht ohne das andere. Doch was genau bedeutet das Ostergeschehen für uns im 21. Jahrhundert? Um das herauszufinden, muss die Botschaft der Bibel im Ganzen betrachtet werden.
Die Bibel sagt, es gibt einen Gott, der nicht nur die Welt geschaffen hat, sondern jeden einzelnen Menschen. So sehr Gott die Menschen liebt, bleibt er immer noch heilig und ohne Fehler – doch die Menschen sind nicht so perfekt. Dabei hat sich Gott richtige gute Dinge ausgedacht, zum Beispiel eine Ewigkeit bei ihm, ein Königreich voller Perfektion und in völligem Frieden – aber da kommen unperfekte Menschen nicht rein, deswegen brauchte Gott einen Plan, denn er will die Ewigkeit nicht ohne seine geliebten Kinder verbringen. Doch kein Mensch kommt aus eigener Anstrengung näher zu Gott, also machte sich Gott auf zu den Menschen. Als „Vorankündigung“ schickte er einige Propheten und Leute, die von ihm erzählten, damit die Menschen wussten, es gibt einen Gott der an ihnen interessiert ist.
Schließlich kam er selbst auf die Welt, um die Sache mit der Sünde ein für alle Mal zu klären und jedem die Möglichkeit zu geben, in seinem Reich dabei zu sein. Durch den Tod Jesu am Kreuz räumte Gott das Hindernis aus dem Weg, das den Menschen von ihm trennt. Er bezahlte die Schuld, für die jeder selbst verantwortlich wäre. Um zu zeigen, dass er das überhaupt kann, reichte es nicht zu sterben, sondern Jesus musste auch den Tod besiegen – was er am Ostermorgen durch die Auferstehung tat. So zeigte Gott, dass er nicht nur unser Problem erkannte (die Sünde mit dem Tod als letzte Konsequenz), sondern auch, dass er die einzige Lösung dafür hat: das Leben, genauer gesagt das ewige Leben. Die Auferstehung zeigte: Gott ist stärker als die Sünde und nichts kann ihn mehr von seinen geliebten Menschen trennen…
… außer wir Menschen selbst, nämlich dann, wenn wir uns dagegen entscheiden. Durch Ostern räumte Gott alles aus, was uns von ihm trennt und reichte uns die Hand. Die Entscheidung, ob wir seine Hand nehmen, liegt bei uns.
Zugegeben, diese Entscheidung sollte nicht leichtfertig getroffen werden, denn sie beeinflusst unser gesamtes Leben hier und über diese Welt hinaus. Denn Ostern bedeutet glauben – glauben an diesen Gott, der uns liebt und alles getan hat, damit wir nicht ohne ihn leben müssen. Aber Ostern bedeutet auch zugeben, dass im Menschen eine Dunkelheit herrscht, die nur durch Annahme dieser Ereignisse erhellt werden kann
Klingt doch alles nicht schlecht, oder? Wieso scheint es dann trotzdem für viele so schwierig?
Weil Ostern persönlich wird. Bei Weihnachten konnte man noch sagen „Jesus ist für alle gekommen“, bei Ostern geht das nicht mehr. Ja, Jesus ist für alle Menschen gestorben und auferstanden, aber jeder einzelne muss das für sich persönlich akzeptieren. Es ist meine Entscheidung, nicht die meiner Eltern, meines Pfarrers oder meiner Freunde.
Das Kreuz und die Auferstehung gehören zusammen wie zwei Seiten derselben Münze. Und wie Eltern ihren Kindern den Eintritt in einen Freizeitpark bezahlen, so bezahlt Gott jedem Christen mit dieser Münze den Eintritt in den Himmel, der wohl beste Ort, an dem ein Kind Gottes sein kann – aber jeder muss Gott nach seiner eigenen Münze fragen, für andere bezahlen geht nicht. Erst dann kann die Freude beginnen.
Dieser Artikel ist im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern erschienen, Ausgabe vom 1.April 2018
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