Kennst du das: Du lernst jemanden kennen, verbringst Zeit mit dieser Person, verstehst dich richtig gut mit ihr und hoffst, dass ihr Freunde werdet oder die Freundschaft weiter besteht – aber es wird irgendwie nichts, auch wenn ihr noch so viel Spaß zusammen hattet?
Ich hatte das schon oft. Beispielsweise lernt man auf Freizeiten neue Leute kennen, hat eine richtig gute Zeit, doch schafft es nicht, die Freundschaft im Alltag aufrecht zu erhalten. Oder man hat alle paar Monate mal einen coolen, ungeplanten Moment mit jemanden, bei dem man sich gut unterhält oder ne spaßige Aktion zusammen macht und danach wieder lange nichts mehr „besonderes“ passiert, auch wenn man sich sieht.
Es gibt noch weitere Situationen, die schnell dazu führen können, dass man sich ärgert oder fragt, ob man etwas falsch gemacht hat. Wenn man sich so gut verstanden hat, warum wird das mit der Freundschaft nichts? Bildet man sich das nur ein und der andere denkt ganz anders darüber?
Zwei Dinge sind mir bei diesem ganzen Nachdenken eingefallen:
1. Freundschaften sind lange nicht mehr so einfach zu knpüfen und zu halten wie es noch im Kindergarten oder der Schule war. Jeder führt sein eigenes Leben, man läuft sich seltener einfach so über den Weg oder hat gemeinsame Veranstaltungen und man muss wirklich Pläne ausmachen, um sich zu sehen und die Freundschaft zu pflegen.
2. Manchmal liegt es weniger am Wollen der anderen Person als an den Umständen.
Als Student kann man, wenn man das will, ständig neue Leute kennen lernen. Doch es geht einfach nicht, mit allen eine gute Freundschaft pflegen. Man hat noch Freunde aus der Schulzeit, mit denen man Kontakt halten will und dazu kommen neue Bekanntschaften im Studienort.
Irgendwann ist dann die Kapazitätsgrenze erreicht. Neben der Arbeit für die Uni und alten und neuen Freunden ist keine Möglichkeit mehr, in noch mehr Freundschaften zu investieren, egal wie gut man sich versteht. Die Woche hat eben nur 7 Tage und es muss vieles erledigt werden – da ist Zeit fürs richtige kennen lernen einfach nicht drin.
Studien sind sich einig, dass ein Mensch höchstens fünf intensive Freundschaften pflegen kann und auch der erweiterte Freundeskreis, mit dem man regelmäßig Kontakt hat, ist durchschnittlich auf 15 Personen beschränkt.
Es ist doof, wenn man merkt, dass eine andere Person die Freundschaft nicht ausbauen kann und man damit klar kommen muss.
Doch macht es nicht jeder so, ob bewusst oder unbewusst?
Im einen Moment habe ich mich noch über Freundschaften geärgert, die einfach nichts geworden sind, obwohl man auf einer Wellenlänge war – und im nächsten habe ich mich dafür geschämt, dass ich auch schon auf der anderen Seite stand und Freundschaften aus den verschiedensten Gründen hab einschlafen lassen.
Ich war ganz schnell wieder auf dem Boden der Tatsachen. Die Schuld habe ich bei anderen gesucht und mich in Selbstmitleid gebadet, wenn ich doch selbst kein Stück besser war. Ich will nicht wissen, wie viele Freundschaften in meinem Leben nichts geworden sind, weil ich keine Zeit, Lust oder Kapazität hatte, den Kontakt zu einer Person zu halten, auch wenn sie es sich gewünscht hätte.
Viele Freundschaften sind eben zeit- oder ortsabhängig. Auf einer Freizeit, in der Schule, im Studium… es sind oft unterschiedliche Menschen, die uns begleiten und dann wieder aus unserem Leben verschwinden oder der intensive Kontakt abbricht. Nur wenige gehen den Lebensweg jahrelang und ortsunabhängig mit.
Wenn ich mein Leben ansehe, fallen mir sehr sehr viele Menschen ein, die mich ein Stück begleitet haben und jetzt wieder „weg“ sind. Wenn ich Probleme hätte, einen Platz zum übernachten bräuchte oder einfach nur in ihrer Stadt vorbeikommen würde, wären sie für mich da, auch wenn ich jahrelang nicht einmal mit ihnen geredet habe.
Es gibt die verschiedensten Freundschaften – manche funktionieren nur mit intensiven Kontakt und andere bestehen auch ohne dass man alles vom anderen mitbekommt. Das ist völlig in Ordnung so.
Man muss sich seine Freunde gut aussuchen, denn sie sind die Pfeiler, auf die man sich bei Schwierigkeiten stützen wird. Und statt sich zu ärgern, wenn eine Freundschaft nicht funktioniert, wie man sie sich wünscht, sollte man alle schönen Erlebnisse in Erinnerung behalten und dankbar für die Freundschaften sein, die man haben darf und diese pflegen, so gut man kann.
Am Ende ist es oft besser, in wenige Menschen viel zu investieren als in viele Menschen nur wenig investieren zu können.
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